Der Roman "Die Leiden des
jungen Werther" von Johann Wolfgang von Goethe handelt von
einem jungen Mann namens Werther, der sich unglücklich verliebt
und, da er seine Angebetete niemals wird besitzen können,
da sie bereits einem anderen versprochen ist, Selbstmord begeht.
Werther verlässt seine Heimatstadt, da er eine dringende
Erbangelegenheit richten muss und um vor einer Dame zu flüchten,
die mehr von ihm erwartet, als er bereit ist zu geben.
So kommt es, dass er sich in einem Dorf namens Wahlheim niederlässt und dort die schöne Natur in vollen Zügen genießt,
da er den Dorfaufenthalt der "unangenehmen" Stadt vorzieht.
Da er in der Umgebung noch fremd ist, verbringt er viel Zeit mit
sich und dem Zeichnen, lernt mit der Zeit aber auch Dorfbewohner
kennen wie zum Beispiel den Bauernburschen, der unsterblich in
seine Arbeitgeberin, eine Witwe, verliebt ist und der für
Werther später noch eine Rolle spielen wird. Besonders aber
schätzt er Lotte, die Tochter eines Amtsmannes, die er auf
der Fahrt zu einem Fest kennenlernt. Zu ihr baut er eine sehr
intensive Beziehung auf, verliebt sich sogar in sie, obwohl er
weiß, dass sie bereits einem anderen fest versprochen
ist. Lottes Verlobter, Albert, muss aber eine wichtige Erbangelegenheit
auswärts regeln, und so kommt es, dass Werther und sie
sehr viel Zeit miteinander verbringen. Da Lotte ihm immer erlaubt,
sie zu besuchen und etwas mit ihr zu unternehmen, fühlt sich
Werther in seiner Liebe zu ihr bestätigt. Als
jedoch Albert zurückkehrt, den Werther als "brav"
und "lieb" schildert, ändert sich dieses aber.
Zwar sucht Werther auch weiterhin Lottes und Alberts Gegenwart
und paßt jede Gelegenheit ab, Lotte allein anzutreffen,
trägt sich jedoch mit dem Gedanken, fortzugehen. Allerdings
mangelt es ihm an Entschlusskraft, und es wird ihm klar, dass er sich offenen Auges in diese für ihn unerträgliche
Situation begeben hat und "wie ein Kind" gehandelt hat.
Schließlich kann er sich aber doch dazu durchringen, Lotte
und Albert zu verlassen und nach einem letzten gemeinsamen Abend,
der mit einem Gespräch über das Leben nach dem Tod endet, verlässt er Wahlheim.
Die kleine Residenz, in der er als Gesandtschaftssekretär
arbeitet, sagt ihm jedoch überhaupt nicht zu. Der Alltag
ist erfüllt von Ärger und Verdruss mit seinem Vorgesetzten,
von Intrigen, Neid und Standesdünkel in der Gesellschaft.
Nach einer gesellschaftlichen Demütigung beschließt
Werther erneut zu fliehen und kehrt in seine Heimatstadt zurück.
Dort registriert er einige Veränderungen, die ihm missfallen,
und so fasst er den Entschluss, zu Lotte zurückzukehren.
Diese hat in der Zwischenzeit Albert geheiratet, was bei Werther
zu einem Ausbruch von Eifersucht führt, und er ihr gegenüber
äußert, dass sie mit ihm sicher glücklicher
geworden wäre.
Auch hat Werther eine erneute Begegnung mit dem Bauernburschen,
der inzwischen aus dem Dienst verjagt worden ist, weil er versucht
hat, sich seiner Herrin mit Gewalt zu nähern. Werther sieht
darin eine
Parallele zu seinem eigenen Schicksal, da auch er seiner Geliebten
nur nahe sein darf, sie aber niemals
wird heiraten können. Diese Erkenntnis betrübt ihn,
und er bemüht sich, Lotte gegenüber gleichgültig
zu wirken. Zu seinem Bedauern hält er dieses jedoch nicht
aus, weil Lottes mitleidvolle Zuneigung ihn aus der Fassung bringt.
Dazu trägt auch die Begegnung mit dem wahnsinnigen jungen
Mann bei, der einst für Lottes Vater arbeitete, sich aber
in sie verliebte und entlassen wurde, seine Liebe zu ihr entdeckt
wurde.
Werther wird immer verzweifelter, und der Gedanke an den Tod beginnt
eine immer größer werdende Rolle zu spielen. Da Albert
die Beziehung von Werther und Lotte mit steigendem Misstrauen verfolgt, bittet er Lotte Werther zu verstehen zu geben,
dass er sich nach einer anderen Frau umsehen soll, eine, die für
ihn erreichbar ist. Werther nimmt sich diese Ermahnung sehr zu
Herzen und schreibt noch am selben Tag einen Abschiedsbrief an
Lotte, der nach seinem Tod auf seinem Schreibtisch gefunden wird.
Der Selbstmord scheint für ihn nun das einzige Mittel gegen
seine Verzweiflung zu sein, und er bereitet alles auf sein Dahinscheiden
vor.
Bei seinem letzten Besuch bei Lotte trägt er ihr auf ihre
Bitte hin die Lieder Ossians vor. Angesichts des Schicksals, das
dessen Helden ereilt und das dem ihrigen so ähnlich ist,
brechen Werther und Lotte gemeinsam in Tränen aus, und es
kommt zu einer leidenschaftlichen Umarmung. Lotte jedoch
reißt sich los und verlässt Werther mit den Worten,
dass er sie nicht
wiedersehen wird. Werther, dessen Selbstmordgedanken zu einem
festen Vorhaben herangereift sind, verabschiedet sich von ihr
und verlässt das Haus.
Am nächsten Tag bittet er Albert um Pistolen, indem er vorgibt
eine Reise machen zu müssen und diese als Schutz zu benötigen.
Lotte, die sich mit der Frage trägt, ihrem Mann von den Geschehnissen
des Vortages zu erzählen, beginnt sich Sorgen zu machen.
Sie vertraut sich Albert jedoch nicht an. Es überfällt
sie aber eine böse Ahnung, als dieser sie bittet, ihm die
Pistolen für Werther auszuhändigen. Dieser allerdings
zeigt sich in seinem Abschiedsbrief entzückt darüber, dass sie die Pistolen zuletzt berührt hat. Nach einem
Spaziergang und dem Schreiben von zwei weiteren Briefen, einen
an Albert, in dem Werther ihn um Verzeihung bittet, seine Ehe
mit Lotte gestört zu haben, und einen an seinen Freund Wilhelm,
trifft Werther die letzten Vorbereitungen, freiwillig aus dem
Leben zu scheiden. Er wünscht sich, für Lotte zu sterben, dass sie dadurch ihre Ruhe zurückgewinnt, und möchte
in den Kleidern begraben werden, die sie berührt hat. Um
Mitternacht beendet er seinen Brief an Lotte und scheidet mit
einem letzten " Lotte! Lotte, lebe wohl!" aus dem Leben.
Die Problematik der Buches besteht,
wie auch schon der Titel deutlich zeigt, aus den "Leiden
des jungen Werthers", da dieser sich unsterblich in eine
Frau verliebt hat, die er niemals wird besitzen können, weil
sie bereits einem anderen versprochen ist Werther leidet schrecklich
darunter, dass er Lotte niemals wird heiraten können.
Aber anstatt sich von ihr fernzuhalten und zu versuchen, sie zu
vergessen, sucht er ständig ihre Nähe und freundet sich
sogar mit Albert, ihrem Verlobten, an. Er entwickelt eine sehr
enge Beziehung zu beiden und kann sich weder dazu entschließen,
Lotte seine Gefühle zu offenbaren, noch Albert als seinen
Kontrahenten, ja sogar Feind anzusehen. Diese mangelnde Entschlusskraft und seine offensichtliche Abhängigkeit von den beiden (er
kehrt nach seiner Entlassung wieder nach Wahlheim zurück,
weil er ohne Lotte nicht sein kann) führen schließlich
dazu, dass Werther keinen anderen Ausweg aus seiner unglücklichen
Situation sieht, als Selbstmord zu begehen.
Das Selbstmordmotiv an sich taucht in dem Roman allerdings schon
vor Werthers Begegnung und anschließender Freundschaft zu
Lotte auf. So schreibt Werther im Brief vom 22. Mai des ersten
Buches: " Und dann, so eingeschränkt er ist, hält
er doch immer im Herzen das süße Gefühl der Freiheit,
und dass er diesen Kerker verlassen kann, wann er will."
Mit diesen Zeilen deutet Werther als allerletzten Ausweg die Möglichkeit
des Selbstmords an, der ihm als ein Ausdruck der Freiheit erscheint
und als vielleicht letzte Möglichkeit, diese zu erreichen.
In dem Brief vom 12. August des ersten Buches schreibt Werther
von einer Diskussion mit Albert über gerade dieses Thema.
Albert ist der Meinung, dass Selbstmord eine "törichte"
Tat, eine "lasterhafte Handlung" ist und kann nicht
verstehen, "wie ein Mensch so töricht sein kann, sich
zu erschießen". Er verurteilt den Selbstmord bis ins
Letzte und ist der Ansicht, dass es sich dabei nur um die
Tat von Wahnsinnigen handeln kann. Werther wendet sich gegen eine
solche Verallgemeinerung dieser Tat, da man auch deren innere
Ursachen und möglichen Beweggründe bedenken muss.
Seiner Meinung nach kann der Mensch "Schmerz und Leid"
nur bis zu einem gewissen Grade ertragen, alles, was darüber
hinausgeht, richtet ihn zugrunde. So wie es eine Krankheit gibt,
die den Menschen töten kann, so kann auch der Geist zu Tode
erkranken. Um Albert dies näher klarmachen zu können,
veranschaulicht er seine Ansicht an einem Beispiel: Ein Mädchen
verliebt sich in einen Mann, und ihr ganzes Leben konzentriert
sich nur auf diese eine Person, die sie plötzlich verlässt.
Das Mädchen ist verzweifelt, "denn der hat sie verlassen,
in dem sie allein ihr Dasein fühlt". Ihr ihrer Not sieht
sie keinen anderen Ausweg, als freiwillig aus dem Leben zu scheiden.
Dieses Gefühl der Ausweglosigkeit ist laut Werther durchaus
als Krankheit zu beschreiben, die zum Tode führen kann. Albert
dagegen beharrt auf seiner Meinung, mit der Begründung, dass es sich in dem Beispiel doch nur um ein "einfältiges
Mädchen" handelt und nicht um einen "Menschen von
Verstand" Werther lässt aber diesen Einwand nicht
gelten. Wenn der Mensch von Leidenschaft getrieben ist, kommt
sein Verstand nicht mehr in Betracht Mit diesem Streitgespräch
kommt ganz deutlich die Problematik des Buches zum Vorschein.
Zu der damaligen Zeit, Goethe schrieb den Roman 1774, war es typisch,
den Selbstmord als Handlung eines Wahnsinnigen anzusehen. Diese
Meinung stützt sich auf einen starren und dogmatischen Vernunftbegriff;
jeder Vernünftige Mensch muss seine Affekte absolut
unter Kontrolle haben, und wer dazu nicht in der Lage ist, wird
moralisch verurteilt. Goethe stellt sich in seinem Roman gegen
diese Ansicht und war aufgrund dessen den meisten zeitgenössischen
Moralaposteln ein Dom im Auge. Trotzdem wurde "Die Leiden
des jungen Werthers" ein Welterfolg. Dies lag wahrscheinlich
daran, dass Goethe endlich einmal aussprach, was so viele
unglücklich Verliebte seinerseits dachten. Vielleicht ist
das auch der Grund für die große Selbstmordwelle, die
Deutschland nach der Herausgabe des Buches ereilte.
" Die Natur findet
keinen Ausweg aus dem Labyrinthe der verworrenen und widersprechenden
Kräfte, und der Mensch muss sterben."
Meiner Meinung nach ist Goethes
Roman, obwohl er 1774 geschrieben wurde, ein perfektes Beispiel
für Literatur in der Romantik.
Goethe spricht mit dem Thema des Buches bereits zahlreiche Elemente
der romantischen Literatur an. So spielen die Natur und auch die
Liebe die Hauptrolle in seinem Briefroman. Erkennbar wird dies
bereits zu Beginn des Romans, da Goethe die Natur als Repräsentant
einer alles umfassenden Harmonie erscheinen lässt. Werther
erfährt diese Harmonie durch seinen Aufenthalt in der Natur,
die in Goethes Werk den positiven Gegensatz zum Stadtleben, der
Zivilisation darstellt.
Der Ausruf, dass er "zum Maienkäfer werden möchte"
bringt Werthers Wunsch zum Ausdruck, mit der Natur eins zu werden,
völlig in ihr aufzugehen.
Hauptmerkmal der Romantik war die Sehnsucht nach Vereinigung von
Geist und Natur, das, so finde ich, in Goethes Werk wunderbar
wiedergefunden werden kann. Auch allein das tragische Ende, das
der Hauptcharaktere widerfährt, ist problemlos in die Romantik
einzuordnen. Die Liebe eines Menschen wurde nicht erhört,
dieser leidet daraufhin an Liebeskummer und sieht keinen anderen
Ausweg, als sich das Leben zu nehmen. In der Literatur der Romantik muss es natürlich nicht so tragisch enden, aber oftmals
spielt die Verkettung unglücklicher Umstände eine Rolle,
die den Märchen, Romanen und Gedichten einen tragischen Charakter
verleihen. Tieck zum Beispiel erwähnt in seinem Märchen
"Der blonde Eckbert" den Inzest, der, vermischt mit
Eifersucht, sogar zum töten verleiten kann.